Orchard Farm: Wo der große Kammmolch haust
In Kent, im Südosten Englands, verwandelt wienerberger ein angrenzendes Gebiet einer Tongrube in einen Lebensraum für bedrohte Tiere und Pflanzen - ein Paradebeispiel für die Erhaltung der Biodiversität.
Orchard Farm: Wo der große Kammmolch haust
In Kent, im Südosten Englands, verwandelt wienerberger ein angrenzendes Gebiet einer Tongrube in einen Lebensraum für bedrohte Tiere und Pflanzen - ein Paradebeispiel für die Erhaltung der Biodiversität.
Gelb-schwarz gefleckt und nachtaktiv: Der große Kammmolch lebt gern in Weihern und Teichen und zählt zu den gefährdeten Spezies in Europa. Die Rekultivierung eines Bereichs der Tonabbaustätte Orchard Farm bei Iwade im südenglischen Kent eröffnet neuen Lebensraum für diese besondere Amphibie. Damit fördert wienerberger die Biodiversität in der Region.
Am Standort Orchard Farm werden seit 2016 über mehrere Jahre hinweg bis zu 38.000 Tonnen Ton für Ziegel abgebaut. Dabei wird das Gelände schrittweise rückgebaut. „Wir setzen auf eine verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung und den bewussten Umgang mit Ressourcen. Durch solche Projekte erwächst aus einer Tongrube artenreicher Lebensraum“, erklärt Andreas Kurka, Head of Laboratories & Raw Materials im Geschäftsbereich wienerberger Building Solutions. Er hat die rund 200 Tongruben im Blick und koordiniert mit den Verantwortlichen vor Ort auch deren Nachnutzung.
Wir setzen auf eine verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung und den bewussten Umgang mit Ressourcen. Durch solche Projekte erwächst aus einer Tongrube artenreicher Lebensraum.
Nach dem Ende des Tonabbaus wird das gesamte Areal der Orchard Farm samt Grünflächen, Wald- und Buschbereich wieder zu Obstanbauflächen. In diesem Rahmen entstanden Teiche, die Heckenflächen werden verdoppelt, Holzstapel und naturnahe Bauten bieten Tieren Unterschlupf. Das wertet das Gelände ökologisch auf und schafft neuen Lebensraum für bedrohte Tiere – Brutvögel, Reptilien, Amphibien und Fledermäuse – sowie seltene Pflanzenarten.
Anlass für das Projekt war die Sicherung von Rohstoffen für den Produktionsstandort Smeed Dean. In diesem Ziegelwerk im nahegelegenen Sittingbourne wird seit 1845 der charakteristische Smeed-Dean-Ziegel produziert – ein Vormauerziegel, der viele traditionelle Häuser in London und Südengland schmückt. Maßgeblich für seine gelbe Farbe ist der besondere lokale Rohstoff. Eine weitere Besonderheit: Bis heute wird dem Ziegel historische Stadtasche beigemischt – eine Recycling-Tradition, die bis in die viktorianische Zeit zurückreicht. Dadurch kann auf der einen Seite Rohstoff eingespart werden, auf der anderen Seite verleiht dies dem Produkt eine besondere und einzigartige charakteristische Ästhetik.
Hätten wir keine neue, vorübergehende Rohstoffquelle erschließen können, wäre ein wertvolles Kulturerbe verschwunden.
Als sich die Erschöpfung des früheren Smeed-Dean-Abbaugebiets östlich von Sittingbourne abzeichnete, machte man sich auf die Suche nach Alternativen. „Hätten wir keine neue, vorübergehende Rohstoffquelle erschließen können, hätte Smeed Dean die Produktion einstellen oder die Art der hergestellten Ziegel ändern müssen. Damit wäre auch ein wertvolles Kulturerbe verschwunden“, sagt John Renshaw, Group Technical Manager bei wienerberger in Großbritannien. Als längerfristige Abbaustätte wurde die Paradise Farm im rund fünf Kilometer entfernten Hartlip gefunden. Bis zu deren Inbetriebnahme wird die Orchard Farm als Zwischenstandort genutzt.
Dem lokalen Projektentwickler Quarryplan standen mit Thomson Ecology und Ecosurv Partner für die ökologische Planung und Umsetzung zur Seite. Voruntersuchungen brachten das Potenzial für eine Vielzahl bedrohter Tierarten zutage. Die Planungsgenehmigung war mit strengen ökologischen Vorgaben verknüpft – diese betrafen die Wiederherstellung nach der Nutzung und die Nachsorge ebenso wie das Habitatmanagement.
Durch das Biodiversitätsprojekt am Gelände der Orchard Farm werden zahlreiche bedrohte Tiere geschützt. Dazu zählen Amphibien wie der große Kammmolch oder Reptilien wie Smaragdeidechse, Ringelnatter und Blindschleiche. Auch Brutvögel und Fledermäuse haben auf dem Gelände bereits eine neue Heimat gefunden.
Darüber hinaus fühlen sich hier viele Pflanzen wohl, die einen feuchten Boden schätzen: darunter Wasserminze, Wasservergißmeinnicht, Wasserhahnenfuß und das gewöhnliche Wasserstartkraut. Auch die Bachbunge – eine Wegerichpflanze – oder das fenchelähnliche Laichkraut sind anzutreffen.
Das Gelände ist in Ost-West-Richtung rund 750 Meter lang und an der breitesten Stelle in Nord-Süd-Richtung rund 450 Meter. Für den Rückbau wurde es in vier Bereiche geteilt. Jedes Jahr wird innerhalb weniger Wochen im Sommer Ton abgebaut. Dazu entfernen Hydraulikbagger den Oberboden und legen diesen neben den Aushubbereich. Dann tragen sie die Tonschicht bis zu einer Tiefe von zwei Metern ab. Der so gewonnene Ton wird für den späteren Abtransport auf der Baustelle gelagert. Unmittelbar nach dem Abbau wird der jeweilige Standort schrittweise wiederhergestellt und der auf die Seite gelegte Oberboden renaturiert.
Die Umsetzung verantwortete ein vierköpfiges Kernteam bei wienerberger zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus den lokalen Werken. Zusätzlich zu den ökologischen Anforderungen galt es, die Bedürfnisse von Anrainerinnen und Anrainern einzubinden. „Uns war es wichtig, dieses Projekt im Einklang mit allen Betroffenen umzusetzen. Dabei ging es vor allem darum, die Auswirkungen der Transporte mit schweren Nutzfahrzeugen geringzuhalten, indem wir die Anzahl der Bewegungen verringerten. Um die Lärm- und Staubbelastung zu reduzieren, wurden Sensoren für ‚weißes Rauschen‘ und Staubunterdrückungsgeräte eingesetzt. Die Auswirkungen des Baustellenlärms auf die Anwohnerinnen und Anwohner konnten durch die Errichtung von Strohballenwänden stark reduziert werden“, sagt Rick Fleet, der das Projekt als Raw Materials Manager für wienerberger operativ umsetzte.
Uns war es wichtig, dieses Projekt im Einklang mit allen Betroffenen umzusetzen. Dabei ging es unter anderem darum, die Auswirkungen der Transporte mit schweren Nutzfahrzeugen geringzuhalten sowie die Lärm- und Staubbelastung zu reduzieren.
Das Engagement von wienerberger endet nicht mit dem Ende des Tonabbaus. Nach der Nutzung wird das Gelände fünf weitere Jahre betreut und überwacht. Dabei werden auch regelmäßig die ökologischen Parameter überprüft – etwa das Wachstum der Vegetation und die Artenvielfalt.